Rund 60 Prozent der Medikamente, die in den Vitrinen von Apotheken liegen, sind unwirksam. Das hat ein Team von Ärztinnen und Ärzten des Spitalzentrums Biel herausgefunden. Sie registrierten die Schaufensterinhalte von 68 zufällig ausgewählten Apotheken in der Schweiz. Die angepriesenen Medikamente begutachteten sie durch das Studium medizinischer Fachliteratur auf ihre Wirksamkeit hin.

418 der 970 überprüften Arzneimittel haben einen wissenschaftlich nachgewiesenen Nutzen. Für die anderen 56,9 Prozent der Medikamente liessen sich keine relevanten Studien finden, um verlässliche Aussagen zur Wirksamkeit machen zu können.

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Das Ärztinnenteam hatte die Vitrinen zwischen Juli 2019 und Mai 2020 viermal fotografiert und fand jahreszeitliche Unterschiede. Es zeigte sich, dass der Anteil wirksamer Produkte im Frühling jeweils grösser ist. Dann werden Mittel gegen Heuschnupfen beworben, die hochwirksame Antihistaminika enthalten, aber nicht rezeptpflichtig sind.

In den anderen Jahreszeiten werden häufiger Präparate angepriesen, deren Wirksamkeit teils nicht erwiesen ist. Das liegt laut der Beobachtungsstudie daran, dass rezeptpflichtige – und damit erwiesenermassen wirksame – Medikamente per Gesetz nicht beworben werden dürfen.

Auch geografische Unterschiede stellten die Ärzte fest: Zwar blieb das Verhältnis zwischen nützlichen und unnützen Präparaten übers Jahr gesehen etwa gleich in den Auslagen von Deutschschweizer respektive Tessiner und welschen Apotheken.

Im Winter hingegen waren in der Deutschschweiz nur 11 von 66 in der Vitrine beworbenen Arzneimitteln wirksam, während in der Romandie und im Tessin jedes zweite ausgestellte Medikament nützt. «Vielleicht hat das damit zu tun, dass es in der Deutschschweiz mehr Befürworterinnen und Befürworter der Alternativmedizin gibt», sagt Daniel Genné, Studienleiter und Chefarzt der Medizinischen Klinik.